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Schnittschutzhosen bieten nie einen kompletten Schutz vor Verletzungen mit der Kettensäge. Fotos: Kuratorium für Waldarbeit und Forsttechnik e.V.

ZeitschriftenLesezeit 2 min.

Doppelte Vorsicht bei Arbeiten mit Kabel-Elektrosägen

Beim Führen einer Motorsäge geht nichts über die richtige Arbeitstechnik und Konzentration, um Unfällen vorzubeugen. Wie sehr Schnittschutzhosen eine gravierende Verletzung verhindern, wurde in Deutschland getestet. Hier die wichtigsten Erkenntnisse.

Von Mischa Hauswirth | Wer schon mal eine Motorsäge führte, stellte sich unweigerlich die Frage: Hält meine Schnittschutzhose, wenn ich mir aus Versehen ins Bein säge? Je nach Motorenstärke jagt die Kette mit bis zu knapp 30 Metern pro Sekunde über 
das Schwert. Bei einer Fehlmanipulation kann das für jene Person, welche zum 
Beispiel beim Entasten ist, gravierende Folgen haben. 

Um einer Verletzung möglichst vorzubeugen, sind Schnittschutzhosen aus dem Alltag der Forstequipen nicht mehr wegzudenken und auch vorgeschrieben. Doch wie gut schützen Schnittschutzhosen tatsächlich? Das hat die Zeitschrift «Forsttechnische Informationen» (FTI/KWF) untersucht und kommt zum Schluss: «Kein Schnittschutz kann einen 100-prozentigen Schutz bieten. Schon gar nicht gegen eine mit Vollgas laufende Kettensäge.»

Das Fachmagazin publizierte diesen Test,  der untersuchte, was passiert, wenn zum Beispiel beim unachtsamen Senken der Motorsäge nach dem Ausführen eines Schnittes das Bein respektive die Schnittschutzhose tangiert wird. Bei voller Umdrehungszahl der Kette.

Im Fokus standen nicht nur die konventionellen Sägetypen mit Verbrennungsmotoren. Da immer mehr Akku-Elektrosägen in Betrieb sind, wollte der Test wissen: Geht von elektrisch betriebenen Kettensägen im Falle eines Unfalls eine höhere Gefährdung für Anwender aus? Die Frage habe sich aufgedrängt, weil sogenannte Entastungssägen mit rund 3 Kilowatt pro Stunde Leistung zunehmend durch Akkusägen ersetzt würden, so die FTI. Insbesondere bei diesen Tätigkeiten wird eine höhere Gefahr von Schnittunfällen vermutet, heisst es. Die schweizerische Unfallversicherungsagentur (Suva) hält fest, dass es im Zusammenhang mit der Waldarbeit und Motorsägen in der Schweiz jährlich zu rund 200 Berufsunfällen kommt. Oft werden die Verletzungen nicht durch die Handkettensäge selber, sondern durch Splitter, Späne, Äste und Stämme verursacht. Ein grosser Teil davon sind Augenverletzungen. «Eingeschränkt auf Schnittverletzungen durch die Handkettensägen sind es lediglich durchschnittlich jährlich rund 30 Berufsunfälle», sagt Arabelle Frey von der Suva auf Anfrage.

Von den jährlich rund 30 Schnittverletzungen durch Handkettensägen betreffen rund 20 die unteren Extremitäten. «Wir vermuten, dass diese recht niedrige Zahl unter anderem dem Tragen von Schnittschutzhosen zuzuschreiben ist», so Frey.

Gegenstrombremse stoppt Kette sofort

Während herkömmliche Motorsägen mit Verbrennungsmotoren eine Fliehkraftkupplung aufweisen, die sofort stoppt, wenn der Gashebel losgelassen wird, kommen Elektromotorsägen gänzlich ohne diesen Mechanismus aus. Und genau hier liegt 
das Problem. 

Die Untersuchung hat ihre Testreihe mit  9- respektive 11-lagigen Schnittschutzpads ausgeführt (zu den Schnittschutzklassen siehe Box). Der erste Test zeigt, dass «die kabelgebundene Stihl MSE 210-C-BQ im ersten Versuch den Schnittschutz am stärksten angreift, dicht gefolgt von der Akku-Kettensäge Milwaukee M18 FCHS-121.» Die Stihl MS 201 C-M mit Verbrennungsmotor und die Stihl MSA 210-C-BQ mit Akku würden etwa gleichauf liegen, heisst es. Die Kettengeschwindigkeiten der elektrisch angetriebenen Kettensägen lagen dabei deutlich unter jener der Kettensägen mit Verbrennungsmotor.

Der Test zeigte auch: Die Kette von elektrisch betriebenen Motorsägen mit Gegenstrombremse kommt innert Sekundenbruchteilen zum Stehen, wenn die Bedienperson den Gashebel loslässt. «Dies ist zweifelsohne ein Sicherheitsgewinn elektrisch betriebener Sägen gegenüber Sägen mit Verbrennungsmotoren, deren Ketten nach dem Loslassen des Gashebels nachlaufen, sofern sie nicht mit aufwendigen Sicherheitsvorkehrungen ausgestattet sind. Die Säge mit Verbrennungsmotor wird durch das Öffnen ihrer Fliehkraftkupplung blockiert, ohne dass der Motor abwürgt.

Gefahr vor allem bei Kabel-Elektrosäge

Die traditionellen Verbrennungsmotorsägen druchtrennten im Schnitt 8,1 bis 8,5 Lagen in der Schnittschutzhose. «Die kabelgebundene Elektrosäge wurde durch die Schutzeinlage in diesem Versuchsaufbau nicht vor der Durchtrennung aller Schutzeinlagen gestoppt», schreibt FTI. Mit anderen Worten: Schnittschutzhosen bieten bei Elektromotorsägen mit Kabel, sofern die Kette in Vollgeschwindigkeit dreht, keinen absoluten Schutz.

Besonders gefährlich sind aber die elektrisch betriebenen Motorsägen mit Energieversorgung aus der Steckdose: Bei vergleichbarer Schnittleistung im Holz komme es zu keinem vergleichbaren Abfall des Drehmoments mit sinkender Kettengeschwindigkeit, schreibt die FTI. Auch in einem zweiten Versuch mit modifizierten Testbedingungen habe sich dieses Resultat bestätigt. Wichtig sei aber nicht die absolute Zahl der durchtrennten Lagen, so der Untersuchungsbericht. Denn nicht nur die Lagendicke spielte eine Rolle, sondern auch der Versuchsaufbau. In den Tests wurden die Hosen über eine Unterlage gezogen und dann die Einwirkung der Motorsägenkette analysiert. 

Die elektrisch betriebene Motorsäge mit Energieversorgung aus der Steckdose zeigt bei vergleichbarer Schnittleistung im Holz keinen Abfall des Drehmoments mit sinkender Kettengeschwindigkeit. «Sie hat sich – schon fast erwartungsgemäss – durch die Schnittschutzeinlage hindurchgefressen, ohne blockiert zu werden. Die akkugespeisten Motorsägen indes wurden durch die Schnittschutzschicht gestoppt. «Viel mehr waren sich die Experten einig, dass von den zum Zeitpunkt des Versuchs aktuellen Generationen der Akku-betriebenen Motorsägen keine höhere Gefahr ausgeht als von den bisher schon lange auf dem Markt etablierten Motorsägen mit Verbrennungsmotoren mit vergleichbarer Leistung. 

 

Schutzklassen bei Schnittschutzhosen

Schnittschutzklasse 0: Der Schutz ist ausreichend bei einer maximalen Kettengeschwindigkeit von 16 Metern pro Sekunde. Da der Schutz meistens nicht ausreicht, ist diese Klasse für die Forstprofis und für die allermeisten Sägen nicht geeignet. 

Schnittschutzklasse 1: Die Schnittschutzklasse 1 gilt bei Schnittschutzhosen als Standard. Sie schützt bis zu einer Kettengeschwindigkeit von maximal 20 Metern pro Sekunde. Damit ist jedoch die Geschwindigkeit der «auslaufenden Kette» gemeint. Das heisst: Es darf kein Antrieb mehr vorhanden sein, die Hand muss also den Gashebel losgelassen haben. Moderne Hochleistungssägen sind durchaus in der Lage, höhere Kettengeschwindigkeiten als 20 Meter pro Sekunde zu erreichen. Deshalb kann weder die Schnittschutzklasse 1 noch eine höhere Klasse eine absolute Sicherheit garantieren.

Schnittschutzklasse 2 bis 4: Die Schnittschutzklasse 2 bietet auch bei Kettengeschwindigkeiten von bis zu 24 Metern pro Sekunde noch ausreichend Sicherheit. Die Schnittschutzklasse 3 schützt sogar für eine maximale Kettengeschwindigkeit von 28 Metern pro Sekunde. Die Schnittschutzklasse 4 ist für bis zu 32 Meter pro Sekunde geeignet. Quelle: www.schnittschutz-hose.de

 

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